Der Bechdel-Test. Achtung, feministisch!

Auf den Bechdel-Test bin ich zufällig während manischen Blog-Surfens in der Mittagspause gestoßen und er ist eine interessante neue Perspektive auf Filme.
Der Test gilt als bestanden, wenn der gesehene Film drei Kriterien erfüllt:

1. Es spielen mindestens zwei Frauen mit, die einen Namen haben
2. Diese reden miteinander
3. über etwas anderes als Männer

Laut Internet erfüllen erschütternd wenig Filme diese Kriterien. Mir fallen spontan ein paar ein:
The Missing, Gefährliche Liebschaften (da reden Frauen auch über Frauen), Coraline. Aber extrem viel fällt heraus. Tatort? Hmtja. Bei weiblichen Ermittlern/weiblichen Verdächtigen denkbar, dass da was geht. Aber fast alle Liebesfilme und Frauenfilme fallen aus dem Raster. Hoffnungen hätte ich für den europäischen Film, aber nichts, was ich namentlich fest machen könnte. Ich werde in Zukunft drauf achten.

Ich würde ja sagen, dass ich in Zukunft nur noch Filme schaue, die dieses Kriterium erfüllen, aber leider fällt da alles von Tarantino raus. Dafür würde Bride Wars bestehen. Das ist es mir dann doch nicht wert.
Impi - 28. Jul, 18:40

Wäre ein lesbischer Porno demnach feministisch?

sakra - 29. Jul, 08:45

Gute Frage, aber ich glaube nicht, dass der Bechdel-Test aussagen soll, ob ein Film feminstisch ist. Die IDEE des Testes allerdings ist eine feministische! Aber ein Lesben-Porno würde den Test vielleicht bestehen. Wenn die Damen reden. Man weiß das ja nicht.
Talakallea Thymon - 29. Jul, 09:32

Was ist die IDEE des Tests? Was für ein Güte-Kriterium soll das sein? Ein Test über die gender-politische Korrektheit eines Films? Oder der einfach nur darüber entscheidet, ob ein Film feministisch ist? Versteh ich nicht.

Und Punkt drei ist mehrdeutig: Soll das heißen, um den Test zu bestehen, müßten die Frauen auch über etwas anderes als Männer reden (also etwa über Schmuck, Figur, Horoskope und ihr PMS)? Oder ist der Test strenger, und sie dürfen gar nicht über Männer, sondern nur über PMS reden (also auch nicht über ihren kleinen Bruder, den Papst, ihren Religionslehrer oder Beichtvater?). Und: Welche Frauen in dem Film? Ich meine, was hat es für eine Aussagekraft, wenn in einem 120-Minuten-Streifen fünf Minuten einem (Neben)Dialog zwischen zwei Putzfrauen Raumpflegerinnen, die in der Handlung weiter keine Rolle spielen, gewidmet sind, wenn der Rest des Films nur unter Männern spielt?

sakra - 29. Jul, 10:11

Nach meinen Recherche sieht das so aus: Der Test selber ist aus einem Comic-Dialog der Zeichnerin Alison Bechdel entstanden. Wenn man so will, misst er die Präsenz von Frauen in Filmen und ob diese nur über Männer definiert werden. Also können sie ruhig über PMS sprechen, das ist kein Männerbezug. Und tatsächlich nicht über ihren kleinen Bruder oder den Papst. Ob der Film deswegen weniger stereotyp ist, ist vom Einzelfall abhängig. das Interessante daran ist einfach, wie unglaublich wenig Filme dieses Kriterium NICHt erfüllen.

Über die Güte des Filmes ist damit tatsächlich nicht zu entscheiden, aber es ist ein Indikator, wie Frauen in Filmen dargestellt werden, die ja ganz erheblich von der Gesellschaft geprägt werden und gleichzeit das Gesellschaftsbild reproduzieren.
Talakallea Thymon - 29. Jul, 10:18

OK. Das setzt voraus, daß Gespräche unter Frauen über Männer stereotyp sind ... Ich laß das mal so stehen. Aber noch eine Frage: Gibt es so einen Test auch für stereotype Darstellung von Männern in Filmen? Und wieviele Filme fielen da wohl durch?

sakra - 29. Jul, 10:25

Na ja, das setzt es nicht unbedingt voraus. Aber wenn Frauen nur dargestellt werden, wenn sie mit oder über Männer sprechen, dann ist Darstellung der Frauen stereotyp insofern, als das sie über Männer definiert werden. Das finde ich schon stereotyp.
Über Männer? Gute Frage. Gemienhin ist die Darstellung von Männern in Filmen etwas fascettenreicher, behaupte ich mal kühn, und es spielen mehr Männer in Filmen mit. Aber vielleicht könnte man mal untersuchen, in wie vielen Filmen Männer nur über ihren Beruf oder ihre Potenz definiert werden. Wäre sicher genauso aufschlussreich!
Talakallea Thymon - 29. Jul, 10:41

Mmmm, ich weiß nicht. Würden besagte Frauen in Filmen über Schach oder über Einheitswürfel im n-dimensionalen Euklidischen Raum sprechen -- wären sie dann automatisch über Schach oder Einheitswürfel im n-dimensionalen Euklidischen Raum definiert?

Gesetzt, sie sprechen in "durchgefallenen" Filmen nicht nur über Männer sondern auch über viele andere Dinge: Warum werden sie dann ausgerechnet über Männer definiert und nicht über eines der anderen Dinge, über die sie auch noch sprechen?

sakra - 29. Jul, 10:52

Weil es furchtbar viele Filme gibt, in denen Frauen nur über Männer definiert werden und unfassbar wenige Filme, in denen sie z.B. über ihre Hobbys oder ihren Beruf definiert werden. Männer sind laut der Filmindustrei halt einfach immer Thema im Leben von Frauen, und umgekehrt ist das einfach so gar nicht der Fall. Abgesehen davon: Es ist schon erstaunlich, in wie wenigen Filmen überhaupt mehr als eine Frau vorkommt, und dann reden sie auch noch höchst selten miteinander. Alleine diese zwei Kriterien zu erfüllen, ist also schon schwierig. Ich denke mal, dass es hier alleine um die Masse dieses einzigen Stereotypes geht und darüber, dass man dies erkennt. Ist schon sehr vereinfacht, das Ganze, aber gerade deswegen sehr wirkungsvoll, finde ich.
Talakallea Thymon - 29. Jul, 11:18

OK, dann werden aber Frauen in Filmen, egal worüber sie sprechen, sowieso immer über die Männer definiert, sobald sie unter anderem auch über Männer reden. Ist also das Reden über Männer von vorneherein etwas ganz anderes als Gespräche über Schach, auch wenn die Filmfrauen sowohl über das eine wie über das andere reden? Wie kommt dann aber die Definition-über-Männer überhaupt zustande? Und wie sollte man in einem Film Frauen über Männer reden lassen, ohne sich dadurch dem Defintion-über-Männer-Vorwurf auszusetzen? Ich meine, es muß ja möglich sein, Frauen zu zeigen, die über Männer reden (sag mir nicht, daß sie das, ebenso wie Männer über Frauen, in der Wirklichkeit nicht tun!), ohne gleich den Eindruck zu erwecken, sie würden über ihr Gesprächsthema definiert. Das wäre dann eine wahrhaft differenzierte Darstellung, die es sich nicht so einfach macht, einen Teil der Wirklichkeit auszuklammern.

Gilt das auch für Männer, die in Filmen über Frauen reden, oder ist das was ganz anderes. Und wenn ja, wieso? Und wenn nein: Dann ist das bloße Faktum eines Gesprächs über Männer oder über Frauen kein Kriterium für das Feststellen eines solchen Definiertwerdens (siehe oben) ...

In einem wahrhaft emanzipierten Film dürften dann zwar Männer und Frauen vorkommen; nur reden dürften sie nicht übereinander ;-) Ich finde, das schränkt die Möglichkeiten des Plots nicht unerheblich ein ...

Impi - 29. Jul, 11:29

Ich denke, dieser "Bechdel-Test" ist keine Regieanweisung, mit der sich ein feministisch unbedenklicher Film drehen lassen soll. Es geht doch schlicht darum zu zeigen, dass Frauen auch heute noch viel zu oft im Kino eher eine dekorative Funktion haben, die eigentliche Handlung aber von den Herren der Schöpfung getragen wird. ;-)
Henry II. - 1. Aug, 12:21

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