Mittwoch, 24. Oktober 2012

Gleichstellung mal anders rum - Männerpolitik

Ich war auf einem Kongress für Männerpolitik. Männerpolitik findet im Ellington Hotel am Kurfürstendamm statt, mit gar prächtigem Büffet und internationalen Vertretern der Männerpolitik. Nobe, nobel - habe ich in der Frauenpolitik noch nicht erlebt. Aber gut, die Ministerin sieht eine Gelegenheit, sich zu profilieren, das sei ihr gegönnt. Ich mag sie als Rednerin im Übrigen gar nicht, neben der fachlichen Ausrichtung ist sie nicht besonders präsent und versucht das über übertrieben akzentuierte Aussprache wettzumachen.

Ich habe aber auch einiges gelernt. Das Postulat der Frauenbewegung, dass Männerpolitik seit über 2000 Jahren ausschließlich gemacht wird, stimmt so nicht, da würde ich zustimmen. Zumindest nicht für alle Männer. Wer nicht Alpha-Männchen-like der 60-Stunden-Arbeitswoche zustrebt und die Karriereleiter hoch will, wer gar sich vor Ort um seine Familie kümmern will, für den wird keine Politik gemacht. Wer sich als Mann UND Opfer der Strukturen oder sogar von Gewalt fühlt, für den wird keine Politik gemacht. Und wer sich mit Krankheiten herumschlägt, vielliecht sogar seelischen, dem werden wenig Angebote gemacht.

Alles richtig, und da muss auch was getan werden. Was mich etwas stört, ist die Aggressivität der Forderungen, die da manchmal durchscheint. Diese Probleme hat die Frauenpolitik schon seit Jahrzehnten im Fokus und versucht, dagegen anzugehen. Problematiken sind bekannt, wie etwa der Charakter der Querschnittspolitik, die Schwierigkeiten der Vernetzung, der Versuch, Diversitäten einzubeziehen (oder das Vergessen dessen), daran wurde und wird bereits gearbeitet. Die Männer waren bass erstaunt ob dieser Schwierigkeiten, jetzt, wo sie es selbst mal versuchen. Warum sich nicht vereinigen? "Zusammen sind wir noch unerträglicher", war der Vorschlag einer österreichischen Politikerin auf dem Podium. Ressourcen bündeln statt sie zu spalten scheint mir sehr sinnvoll. Hier in Deutschland etwa werden die finanziellen Mittel für Männer-Interessen von den Mitteln für Frauenpolitik abgeknapst. Es ist klar, dass es da zu Verteilungskämpfen kommt und die sachliche Ebene Gefahr läuft, unterzugehen. Der Gender-Mainstreaming-Ansatz war schon sinnvoll, ist aber aus irgendeinem Grund nicht mehr en vogue.

Was mir außerdem fehlt, ist die Relevanz, die nackten Zahlen. Sicher haben Väter es schwer, wenn nach einer Trennung die Mutter den Kontakt zu den Vätern verhindert. Doch auch Frauen haben es schwer, wenn nach einer Trennung der Vater einfach verschwindet und keinen Unterhalt (wohlgemerkt an die Kinder) zahlt. Wie sind hier die Zahlen? Aus dem Bauch heraus würde ich behaupten, dass die bösen Männer hier mehr sind als die bösen Frauen, kann es aber nicht verifizieren. Erschütternde Erlebnisberichte aus der MannDat-Ecke, also von den Maskulinisten, sprechen eine eigene Sprache, aber eine Studie würde mich mehr interessieren. So weit ist die Männerforschung noch nicht, da gibt es noch einiges zu tun.

Was mich noch wundert: Männerpolitik als DAS neue Ding. Das stimmt so nicht, auch die 68er brachten bereits eine Männerbewegung in Gange. Dies hat sich aber nicht durchgesetzt, während die Frauenbewegung an Fahrt aufnahm und bis heute anhält. Die Gründe sind mir nicht bekannt, aber ich finde, das darf man nicht vergessen: da war doch schon mal was.


-------------------
Körperliche Erkenntnis des Tages: ich kann in meinen Bauchnabel reingucken. Das ist neu. Mal sehen, wann er anfängt, zurück zu gucken.

Mein Lesestoff


George R. R. Martin
Game of Thrones 4-Copy Boxed Set


Fred Vargas
Die Nacht des Zorns

Archiv

Oktober 2012
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
21
22
23
25
26
27
28
30
 
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Neue Ansichten
Wie gesagt, das Bewerben geht wieder los. Mein Vertrag...
sakra - 4. Okt, 11:07
Krebsgang
Das Kind ist jetzt 8 Monate alt und wird mobiler. Sitzen...
sakra - 4. Okt, 10:29
Alle (2) Jahre wieder...
Das Bewerben geht wieder los. Meine Fraktion im Bundestag...
sakra - 30. Sep, 14:03
Bestandsaufnahme
Achtung, jetzt wird es hart und dreckig - das ist nichts...
sakra - 15. Sep, 16:30
Was haften blieb
Jedesmal, wenn ich Tagesschau mit Jens Riewa schaue,...
sakra - 29. Jul, 20:12

Web Counter-Modul

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 5373 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Credits


Anfang
Arbeit
Arterhaltung
Filme
gelesen
Klettern
Leben
ohne Arbeit
tagesaktuell
Zwischenmenschliches
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren