Telefondienst
"Dring, dring!“sagte das Telefon heute, und die schwer mit Karteikarten übertragen beschäftigte Assistentin der Geschäftsführung griff erfreut zu. Telefonieren kann ich nach sechs Jahren Call Center; das warme Timbre meiner Stimme klingt überzeugend; wenn ich etwas behaupte, dann mit einem Unterton natürlicher Kompetenz und wenn man mit mir spricht, fühlen sich meine Mitmenschen sorgsam betüdelt und gut aufgehoben. Ich kann gut lügen am Telefon und tue es auch mit Begeisterung, was mich zum Telefondienst prädestiniert. Ich wusste ja nicht, dass die Arbeit im Call Center einen nicht auf die Arbeit in einer Frauen-Einrichtung vorbereitet.
Die Dame, die anruft, ist mir gänzlich unbekannt, quasi eine Passantin im Leben einer öffentlichen Einrichtung. „Ja, guten Tag, Frau Meyer hier! Wissen Sie, was mir gerade vorschwebt?“ Erwartungsvolles Schweigen auf beiden Seiten der Leitung. Ich gebe nach. „Nein, Frau Meyer, was denn?“ „Die neue Werbung von der Sparkasse!“ Triumph schwappt durch den Hörer in mein Ohr. Na Mensch, denke ich. „Ja...?“ frage ich. „Haben Sie die gerade vor Augen?“ „Nein, Frau Meyer, gerade nicht.“ „Es geht um die Direktbanken, und eine Blondine schaut doof guckend auf einen Telefonhörer! Da werden Frauen diskriminiert! Als blöd hingestellt! Eine Blondine, die nichts versteht schwall-laber-empör-aufreg!“ Au weia, denke ich, während ich akustisch nicke (ihr kennt das: M-hm, m-hm machen, damit der andere merkt, dass man zuhört. Sehr beliebtes Mittel in Faueneinrichtungen, um soziale Kompetenz zu beweisen; wird inflationär benützt, so dass man sich als Sprechende oft verhohnepipelt vorkommt).
Im Call Center hatte ich so meine Mittel, einen solchen Redefluss zu stoppen, aber das geht hier wahrscheinlich nicht so gut. Jetzt bloß aufpassen, dass die phonetisch hochgezogene Augenbraue nicht zum Einsatz kommt!
„Ja, aber Frau Meyer, was kann ich denn da für Sie tun?“ Tiefes Atmen. „Sie müssen das öffentlich machen!“ Ja klar, die Pressekonferenz wird gleich einberufen. Nach vielen Empathie-Bekundungen und geheuchelten Verständnis komme ich zum Punkt: „Als Institution haben wir da leider nicht so viele Möglichkeiten. Wenden Sie sich doch an den Werberat.“ Frenetischer Applaus von Frau Meyer ob dieser fantastischen Möglichkeit, ich google schnell die Telefonnummer des Werberates und bemitleide schon mal den armen Praktikanten, der dort Telefondienst hat, als Frau Meyer zu ihrem letzten, den vernichtenden Schlag in Richtung Sparkasse ausholt: „Und die Direktbanken werden dort auch diskriminiert!“ Das war nun wirklich zu viel. Mit einem zart gehauchten Hinweis auf die Legitimität der vergleichenden Werbung schaffe ich es, Frau Meyer zu verabschieden, während mein Kopf Richtung Tischplatte sinkt und einige Male ganz doll dagegen haut. Wenn man nicht mal mehr Direktbanken diskriminieren darf, welchen Spaß soll man sich denn dann überhaupt noch gönnen in den Zeiten des Rauchverbots in Kneipen? Die politische Korrektheit muss meiner Meinung nach bei Direktbanken absolut ein Ende haben, da hilft einfach alles nichts!
Die Dame, die anruft, ist mir gänzlich unbekannt, quasi eine Passantin im Leben einer öffentlichen Einrichtung. „Ja, guten Tag, Frau Meyer hier! Wissen Sie, was mir gerade vorschwebt?“ Erwartungsvolles Schweigen auf beiden Seiten der Leitung. Ich gebe nach. „Nein, Frau Meyer, was denn?“ „Die neue Werbung von der Sparkasse!“ Triumph schwappt durch den Hörer in mein Ohr. Na Mensch, denke ich. „Ja...?“ frage ich. „Haben Sie die gerade vor Augen?“ „Nein, Frau Meyer, gerade nicht.“ „Es geht um die Direktbanken, und eine Blondine schaut doof guckend auf einen Telefonhörer! Da werden Frauen diskriminiert! Als blöd hingestellt! Eine Blondine, die nichts versteht schwall-laber-empör-aufreg!“ Au weia, denke ich, während ich akustisch nicke (ihr kennt das: M-hm, m-hm machen, damit der andere merkt, dass man zuhört. Sehr beliebtes Mittel in Faueneinrichtungen, um soziale Kompetenz zu beweisen; wird inflationär benützt, so dass man sich als Sprechende oft verhohnepipelt vorkommt).
Im Call Center hatte ich so meine Mittel, einen solchen Redefluss zu stoppen, aber das geht hier wahrscheinlich nicht so gut. Jetzt bloß aufpassen, dass die phonetisch hochgezogene Augenbraue nicht zum Einsatz kommt!
„Ja, aber Frau Meyer, was kann ich denn da für Sie tun?“ Tiefes Atmen. „Sie müssen das öffentlich machen!“ Ja klar, die Pressekonferenz wird gleich einberufen. Nach vielen Empathie-Bekundungen und geheuchelten Verständnis komme ich zum Punkt: „Als Institution haben wir da leider nicht so viele Möglichkeiten. Wenden Sie sich doch an den Werberat.“ Frenetischer Applaus von Frau Meyer ob dieser fantastischen Möglichkeit, ich google schnell die Telefonnummer des Werberates und bemitleide schon mal den armen Praktikanten, der dort Telefondienst hat, als Frau Meyer zu ihrem letzten, den vernichtenden Schlag in Richtung Sparkasse ausholt: „Und die Direktbanken werden dort auch diskriminiert!“ Das war nun wirklich zu viel. Mit einem zart gehauchten Hinweis auf die Legitimität der vergleichenden Werbung schaffe ich es, Frau Meyer zu verabschieden, während mein Kopf Richtung Tischplatte sinkt und einige Male ganz doll dagegen haut. Wenn man nicht mal mehr Direktbanken diskriminieren darf, welchen Spaß soll man sich denn dann überhaupt noch gönnen in den Zeiten des Rauchverbots in Kneipen? Die politische Korrektheit muss meiner Meinung nach bei Direktbanken absolut ein Ende haben, da hilft einfach alles nichts!
sakra - 3. Sep, 08:10