Sonntag, 13. September 2009

Kunstvoll gefaltet

Es gibt diese These über das Bild, das wir von unseren Mitmenschen haben: Entweder wir gehen davon aus, dass alle anderen Menschen so sind wie wir, nur in gewissen Variationen. Oder wir nehmen an, dass alle anderen Menschen komplett verschieden von uns sind. Ich denke, die meisten Zeitgenossen stimmen eher Möglichkeit 1 zu, obwohl es natürlich immer Menschen gibt, die sich doch so sehr von uns als Individuen unterscheiden, dass wir sie gar nicht verstehen.

Die Variationen sind jedenfalls das, was das miteinander Leben interessant macht. Im Alltag stolpere ich machmal über solche Dinge. Ein schönes Beispiel ist die Toilettenpapier-Frage.
Vor einiger Zeit las ich das Ergebnis einer Umfrage, die besagte, dass 80% aller Deutschen ihr Toilettenpapier ordentlich falten, bevor sie es benützen. Ich gluckste innerlich ein wenig vor mich hin, weil das so wahnsinnig deutsch erscheint, und klopfte mir auf die Schulter, weil ich augenscheinlich zu der Generation gehöre, die über solch anale Verhaltensweisen hinweg ist. Bitte: Meine Eltern waren Hippies!

Amüsiert startete ich eine Umfrage in meinem Freundeskreis und war schockiert ob der schockierten Antworten. Tenor: NATÜRLICH falte ich das Toilettenpapier. Was machst DU denn damit? Zur Information: Ich knüddel es. Es ist nachgewiesen, dass Toilettenpapier dann effektiver ist, aber das wusste ich nicht, als ich mir angewöhnte, es zu knüddeln. Nie hat mir jemand gesagt, dass ich falten soll. Damit bin ich quasi amerikanischer als ihr (http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?titel=L%C3%A4stiges+Geschubber&id=51292089&top=SPIEGEL&suchbegriff=toilettenpapier&quellen=%2BBX%2CWIKI%2C%2BSP%2C%2BMM%2CALME%2CSTAT%2C%2BMEDIA&qcrubrik=artikel), worauf ich wiederum auch nicht stolz bin, aber es ist interessant. Wann findet diese Phase der Sozialisierung wohl genau statt? Ist es überhaupt Sozialisierung, wenn man sich eigentlich nie mit jemanden darüber austauscht? Habe ich jetzt ein Tabu gebrochen? Und noch eine schockierende Tatsache eröffne ich euch hiermit: Eigentlich nenne ich es Klopapier. Ha.

Übrigens: das Klopapier bei Penny heißt "Happy End", und das scheint ernst gemeint zu sein! Bei dem Brainstorming zur Namensgebung wäre ich gerne dabei gewesen.

Freitag, 11. September 2009

Waltz vs Bastarde

Ein Kinobesuch, diesmal wieder in Begleitung meines lieben Ex-Mitbewohners, stand gestern auf dem Programm. Da wir beide offensichtlich die einzigen Menschen in der Stadt waren, die den neuen Tarantino-Film noch nicht gesehen hatte, dies aber noch nachholen wollten, entschieden wir uns für diesen. Trotz der synchronisierten Version - Provinzstadt bleibt eben doch Provinzstadt, auch wenn sie eigentlich recht groß ist und ich sie heiß liebe. Trotzdem: für OmU reicht es nicht, ganz zu schweigen von OV!

Dabei bin ich ziemlich sicher, dass auch im Original weite Strecken auf Deutsch gehalten sind. Alle deutschen Rollen wurden von deutschen Schauspielern bespielt, und Til Schweiger so großartig eingeführt, dass sogar das Multiplex-Publikum sich zu Szenenapplaus hinreißen ließ. Das kannte ich bisher nur aus der Sneak-Preview im Filmkunsttheater.

Mein Fazit jedenfalls: Ganz großes Kino! Ich hatte sehr viel Spaß. Nach "Death Proof" war ich enttäuscht, und meine Liebe zu Tarantino wurde arg strapaziert... keine Dialoge, also bitte... aber die Bastarde waren toll. Es gab relativ wenige blutige Szenen, der Soundtrack war eher in Western-Manier gehalten, und es wurde unfassbar viel geredet. Das hätte ein wenig fad sein können, aber Christoph Waltz, der die längsten Dialog-Szenen hatte, war extrem unterhaltsam. Der Mann muss viel Spaß beim Drehen gehabt haben, seine genußvolle Boshaftigkeit war immens gründlich ausgwalzt (sorry für das müde Wortspiel) und ein Höhepunkt des Films. Ich finde, er hat Brad Pitt wirklich an die Wand gespielt, und das sage ich über einen Mann, der das erste Mal in mein Bewusstsein trat, als er Roy Black spielte! Alles verziehen.

Ach ja, Kommissar Rex spielt mit (nicht der Hund, der Schauspieler. Der zweite nach Tobias Moretti), was zu Irritationen bei mir führte. Tarantino und Komissar Rex, da prallten zwei Welten aufeinander, die dafür nicht bestimmt sind! August Diehl ist auch dabei, den ich seit "Tattoo" trotz stetig in die Höhe wachsender Stirn ein bißchen liebe... Und Diane Krüger. Kommt es eigentlich nur mir so vor oder ist sie ziemlich schlecht? Vielleicht liegt das auch daran, dass ich immer nur Filme mit ihr sehe, in denen sie sich selbst synchronisiert, und das klingt immer arg gekünstelt.

Übrigens macht das Wetter mich ganz wild auf Übergangsjacken. Ich liebe Übergangsjacken.

Donnerstag, 10. September 2009

es geht aufwärts

Ich habe dem Kletterort in meiner Stadt doch noch eine Chance gegeben und siehe! - meine Kletterbilanz verbessert sich!

Allerdings mit Hindernissen. Samstag morgen um 9:00 Uhr war der Vorsteigkurs angesetzt. Schon beim Aufwachen erblickte ich durch meine drei Dachfenster drohende graue Wolken. Kaum fünf Minuten später gingen die ersten Schauer nieder. Ich ahnte Böses, schlürfte aber dennoch meinen Kaffee und hoffte auf den Anruf, der mir sagte, dass der Kurs ausfällt. Und hoffte. Und schlürfte. Und schaute angstvoll aus dem Fenster. Und hoffte.

Nix.

Nach kurzem, aber heftigen Ringen mit mir selbst, ob ich jetzt die 20minütige Radtour auf mich nehme (ich habe gewonnen), hing ich fluchend im Gegenwind der Stärke 5 auf dem Weg in den prekären Stadtteil. Erstaunlicherwiese waren alle Kursteilnehmer brav angetanzt, und so stand einem herrlichen ausgedehnten Klettertag an der frischen Luft nichts im Wege. Ein Traum wurde wahr. Knoten üben, Clippen üben, Fädeln üben, während man durch die Schauer von einer windgeschützten Ecke der Outdoor-Kletteranlage zur nächsten eilte und versuchte, nicht in zu viele Pfützen zu treten. Meine Laune war so mittel, wie man in Norddeutschland gerne sagt.

Dazu kam, dass ich vergessen hatte zu frühstücken und keinen Bäcker im prekären Stadtteil gefunden hatte, so dass mein Blutzuckerspiegel stetig sank. Leider fördert das immer meine Agressivität, so dass ich am Ende des Kurses von einer schlechte Laune-Phase in die nächste taumelte und aus reinem Trotz (na ja, und wegen meines manchmal immer noch schmerzenden Knöchels. Wirklich!) das finale Sturztraining verweigerte. ("Stürzen kann ich schon." Auf diesen Satz folgte natürlich ein langer Vortrag von unseren Kursleitern über die Kunst des Stürzens, was mich aber nicht weiter beirrte und im Übrigen meine Laune auch nicht besserte.)

Zum Glück war mein Kletterpartner sehr auskömmlich und bot sich auch für die nächste Woche zum Üben an, so dass ich vor ein paar Tagen bei strahlendem Sonnenschein mal wieder an einem Seil hoch in der Luft hing und verzweifelt darüber nachsann, wie das jetzt mit dem Fädeln war. Für Nichtkletterer: ohne dieses spezielle Technik kommt man an dieser Kletteranlage nicht auf den Boden zurück. War schon spannend. Im Endeffekt klappte alles, und sogar N. war trotz verletzten Armes vor Ort und übte fleißig Knoten.

Ach ja, so kann es weitergehen. In zwei Wochen steht dann die Scheinprüfung an, dann bin ich eine offiziell anerkannte Vorstiegs-Kletterin!

Mittwoch, 9. September 2009

gebeutelt

Da musste ich nun doch mal schmunzeln, weil alles so absurd ist.

Gestern war meine Arbeitgeberin auf einer Messe und kam stolz wie Oskarine mit blauen Stoffbeuteln vom Europäischen Sozialfond zurück. So weit , so gut, die Schwärmerei über die Beutel dauerte etwa fünf Minuten an, die Stimmung war bombig. Aber dann! Das Organ der Chefin schraubte sich in höhere und lautere Tonlagen, erste Zornesfalten schlichen sich auf die Stirn, eine DISKREPANZ wird gewittert, Anlauf zum Zetern genommen.
"Wir hatten doch mal so viele von diesen Beuteln. Ich möchte, dass die blauen Beutel gezählt werden. Ich habe gestern schon zu F. (Netzwerkpartnerin-Chefin, die hat sich sicher enorm über diese Info gefreut) gesagt, wir hatten mal zehn Stück von diesen Beuteln, und jetzt kaum noch einen! Die Mitarbeiterinnen sollen alle zu Hause schauen, ob sie noch einen haben. Das wurde bestimmt alles nach Hause mitgenommen. So geht das nicht!" Letzteres in einem beleidigt-vorwurfvollen Ton.

Das ist doch echt merkwürdig, was für ein Druck erzeugt wird wegen so, Verzeihung, Scheiß-Stoffbeuteln. Ich schwöre, es wird Thema auf der nächsten Teamsitzung, dass die blauen Stoffbeutel nicht mehr da sind. Andererseits: Ist ja schon ein Drama, die sind traumschön bedruckt (http://www.esf-hessen.de/upload/2_eu_esf_logo_RGB_pc_1773.jpg) und haben einen hohen Wert, auch wenn wir nichts dafür bezahlt haben.

Welch Energie man darauf verwenden kann, obwohl gerade wirklich, wirklich dringende Themen anstehen. Und dann sich beschweren, das WIR mangelndes Zeitmanagement haben. Ach Mensch.

Montag, 7. September 2009

Immer wieder Sonntags?

Huh. Als frische Strowitwe habe ich gestern die Ehre gehabt, das Sonntags-Nachmittags/Frühabends-Fernseh-Programm genießen zu dürfen. Normalerweise werde ich um diese Zeit zum Sport gezwungen, aber heute war ich meine eigene Herrin, nachdem der WG-Putzdienst absolviert war, ich das erste Mal in meinem Leben alleine im Kino war (nicht zu empfehlen, finde ich) und Impi besucht habe (zu empfehlen, finde ich). Es ging harmlos um 17:00 Uhr los: uninteressant. Auto-Sendung auf Vox, irgendwas mit Jennifer Garner auf RTL, Chartshow auf Sat1 etc pp. Gähnend verzog ich mich vor den PC. Gegen 19 Uhr wurde es dann böse. Zugegebenermaßen hatte ich mich klammheimlich auf „Gräfin bzw. Schwiegersohn gesucht“ gefreut, für die Werbepausen war „Wohnen nach Wunsch“ angedacht. Meine Mitbewohnerinnen waren auch nicht da, also passte das.

Es war so lustig! Bei den Liebessendungen besonders. Der Sender hatte wirklich alles gegeben, um aus den Manierlichkeiten der Grafen und den potentiellen Gräfinnen romantische Sequenzen zu schaffen, nach der Machart der Hollywood-Filme. Mit romantischen Hits im Hintergrund, gefühlvollen Kommentaren aus dem Off und schönen Kulissen. Das einzige Problem: Die ProtagonistInnen. Es war zum Wegschmeißen: die benahmen sich alle einfach so wie ganz normale Menschen! Unerhört. Das war mit RTL sicher nicht so abgesprochen gewesen. Die quietschige Russin, der hölzerne Schleswig-Holsteiner, die ganz vernünftige Rothaarige, die süffisante Mutter. Ich habe noch nie so klar vor Augen geführt bekommen, wie fernab der Realität Liebesfilme sind. Die Diskrepanz zwischen dem Versuch und der Realität war wunderschön.

Schlimmer bei den Schwiegersöhnen: da war die reinste Freakshow. Auch mit Liebesmusik und gefühlvollen Kommentaren, aber DAS waren ganz klar keine normalen Menschen. Ich fand es ethisch fast grenzwertig, man sollte die Leute nicht so vorführen. Doch ich will nicht weiter darauf eingehen, sonst werde ich gehässig, und das soll ich nicht, hat Impi gesagt.
Ja, und bei dem Wohnen nach Wunsch: da wurde wie üblich nur das Elend einer Familie bestrahlt und auf die Tränendrüse gedrückt, aber die haben dafür wenigestens eine ganz schnieke Wohnung bekommen. Für die Werbepausen okay.

Aber: Sport ist besser für Sonntag. Das weiß ich jetzt.

Samstag, 5. September 2009

Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann!

Und zwar am Arbeitsplatz.

Für mich in meinem Arbeitsalltag finde ich es ziemlich traurig, nur von Frauen umgeben zu sein. Kolleginnen, Kundinnen... Meine Mitbewohnerinnen sind auch ausschließlich weiblich, meine Freundinnen ebenso, und meine männlichen Bekannten sind nicht gerade wandelnde Testosteronbomben (mit einen oder zwei Ausnahmen). Was ja auch ganz toll ist, ich will mit solchen nicht en masse befreundet sein. Aber ab und zu ist es doch sehr erfrischend, wenn man genervt die Augen verdrehen kann, weil jemand mit sonorer Stimme stumpfes Zeug von sich gibt oder beim Bücken sein Bauarbeiter-Dekolletee inklusiver behaarter Poritze und Rücken präsentiert.

Davon abgesehen: ich mag Männer halt. Nicht nur für die körperlichen Grundbedürfnisse, sondern auch als soziale Interaktionspartner. Man kann ganze Abende mit Männern verbringen und kein einziges Mal über Probleme sprechen. Und wenn doch, werden diese pragmatisch abgebügelt, positiv betrachtet, die Phrase "Einfach mal abwarten" in den Raum geworfen und Schluß! Mit Männern kann man dreckige Witze reißen und danach gegebenfalls verschämt kichern, damit sie es nicht so schwer nehmen, dass eine Frau dreckige Witze reißt. Man kann einzelne Exemplare doof finden und trotzdem mit ihnen schäkern, einfach weil man es kann. Männer kommentieren nicht ständig alles, sondern nehmen Dinge und Beziehungen einfach mal hin oder beantworten Fragen mit "Ja" oder "Nein", ohne lange zu begründen, warum die Antwort so ausfällt. Männer nehmen nicht immer alles so ernst, es sei denn, es handelt sich um ein Problem an einem Computer. Sie braten mit Begeisterung Fleisch, dass ich dann essen kann (extrem lobenswertes Merkmal!), können mit Humor umgehen, ohne diesen mit "Patzigkeit" zu verwechseln, nehmen nicht jede Bemerkung persönlich und können zu ihren Schwächen stehen, ohne diese mit einer schweren Kindheit zu begründen. Männer hinterfragen sich nicht ständig, sie finden sich selbst einfach prima und feiern dies permanent. Sie reden über Frauen, dass einem ganz anders wird und man streng gucken muss, und machen die dämlichsten Sachen, um Frauen zu beeindrucken.

Sie bringen einen zum Quieken, zum Heulen, zum Lachen und dazu, Filme zu schauen, die Sex mit einem Esel zum Thema haben und diese mit "total gut, echt mal was Anderes! Ich hab wirklich gelacht!" zu bewerten.

Männer. Ich will Männer als Kollegen.

Freitag, 4. September 2009

Sport und die Welt

Eigentlich jogge ich seit einiger Zeit und bin auch mannig stolz, dass ich die komplette halbe Stunde durchschaffe. Dank einer beim Klettern zugezogenen Knöchelverletzung gehts gerade nicht, aber es ist erstaunlich, wie viel man beim Joggen über die Welt lernen kann.

Manchmal bin ich doch noch etwas unbedarft, glaube ich. Folgendes Beispiel: Auf meiner
Jogging-Strecke im Park gibt es ein relativ großes fensterloses Häuschen, aus dem öfter mal
Männer herauskamen oder hineingingen, wenn ich vorbeigejoggt bin. Also
dachte ich, dass es sich hierbei wohl um eine Männertoilette handelt. Recht groß zwar, aber
bitte... Männer neigen ja manchmal zur Selbstüberschätzung.

Nach einer Woche fiel mir ein Schild an dem Häuschen auf: "Beratungsstelle für
Haut- und Geschlechtskrankheiten". Ach so, denke ich und jogge gemütlich
weiter, die Männer haben also alle eine Haut- und Geschlechtskrankheit und
lassen sich da beraten! Alles klar. Bestimmt drogensüchtig. Allerdings,
und das fiel mir immerhin auf, sahen die Männer gar nicht so krank oder
süchtig aus, eher im mittelalten Alter und recht bieder. Und warum lassen
sich solche Männer anonym am Wochenende nachmittags beraten? Na ja, egal,
weiter habe ich nicht gedacht.

Und vor etwa einem Monat joggte ich dort vorbei, wieder
verließen zwei Männer das Gebäude und gingen in verschiedene Richtungen
fort, und das erste Mal bemerkte ich ein Gekritzel an der Wand des
Häuschens: "Bläser sucht fickbaren Älteren, immer donnerstags". Hhhhhhh!
Ein Schwulentreff, wie so ein Rastplatz! Ich war schockiert. Nicht so sehr über die sexuellen Freuden, die dort stattfinden, während ich mich laufend quäle, aber es hat
einen Monat gebraucht, bis der Groschen bei mir gefallen ist. Einen Monat!
Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie die sich gegenseitig über
Haut- und Geschlechtskrankheiten beraten! Am Sonntagnachmittag, während
das Frauchen zu Hause den Kuchen backt.

sarathepara entdeckt die Welt.

Donnerstag, 3. September 2009

Telefondienst

"Dring, dring!“sagte das Telefon heute, und die schwer mit Karteikarten übertragen beschäftigte Assistentin der Geschäftsführung griff erfreut zu. Telefonieren kann ich nach sechs Jahren Call Center; das warme Timbre meiner Stimme klingt überzeugend; wenn ich etwas behaupte, dann mit einem Unterton natürlicher Kompetenz und wenn man mit mir spricht, fühlen sich meine Mitmenschen sorgsam betüdelt und gut aufgehoben. Ich kann gut lügen am Telefon und tue es auch mit Begeisterung, was mich zum Telefondienst prädestiniert. Ich wusste ja nicht, dass die Arbeit im Call Center einen nicht auf die Arbeit in einer Frauen-Einrichtung vorbereitet.

Die Dame, die anruft, ist mir gänzlich unbekannt, quasi eine Passantin im Leben einer öffentlichen Einrichtung. „Ja, guten Tag, Frau Meyer hier! Wissen Sie, was mir gerade vorschwebt?“ Erwartungsvolles Schweigen auf beiden Seiten der Leitung. Ich gebe nach. „Nein, Frau Meyer, was denn?“ „Die neue Werbung von der Sparkasse!“ Triumph schwappt durch den Hörer in mein Ohr. Na Mensch, denke ich. „Ja...?“ frage ich. „Haben Sie die gerade vor Augen?“ „Nein, Frau Meyer, gerade nicht.“ „Es geht um die Direktbanken, und eine Blondine schaut doof guckend auf einen Telefonhörer! Da werden Frauen diskriminiert! Als blöd hingestellt! Eine Blondine, die nichts versteht schwall-laber-empör-aufreg!“ Au weia, denke ich, während ich akustisch nicke (ihr kennt das: M-hm, m-hm machen, damit der andere merkt, dass man zuhört. Sehr beliebtes Mittel in Faueneinrichtungen, um soziale Kompetenz zu beweisen; wird inflationär benützt, so dass man sich als Sprechende oft verhohnepipelt vorkommt).

Im Call Center hatte ich so meine Mittel, einen solchen Redefluss zu stoppen, aber das geht hier wahrscheinlich nicht so gut. Jetzt bloß aufpassen, dass die phonetisch hochgezogene Augenbraue nicht zum Einsatz kommt!

„Ja, aber Frau Meyer, was kann ich denn da für Sie tun?“ Tiefes Atmen. „Sie müssen das öffentlich machen!“ Ja klar, die Pressekonferenz wird gleich einberufen. Nach vielen Empathie-Bekundungen und geheuchelten Verständnis komme ich zum Punkt: „Als Institution haben wir da leider nicht so viele Möglichkeiten. Wenden Sie sich doch an den Werberat.“ Frenetischer Applaus von Frau Meyer ob dieser fantastischen Möglichkeit, ich google schnell die Telefonnummer des Werberates und bemitleide schon mal den armen Praktikanten, der dort Telefondienst hat, als Frau Meyer zu ihrem letzten, den vernichtenden Schlag in Richtung Sparkasse ausholt: „Und die Direktbanken werden dort auch diskriminiert!“ Das war nun wirklich zu viel. Mit einem zart gehauchten Hinweis auf die Legitimität der vergleichenden Werbung schaffe ich es, Frau Meyer zu verabschieden, während mein Kopf Richtung Tischplatte sinkt und einige Male ganz doll dagegen haut. Wenn man nicht mal mehr Direktbanken diskriminieren darf, welchen Spaß soll man sich denn dann überhaupt noch gönnen in den Zeiten des Rauchverbots in Kneipen? Die politische Korrektheit muss meiner Meinung nach bei Direktbanken absolut ein Ende haben, da hilft einfach alles nichts!

Mein Lesestoff


George R. R. Martin
Game of Thrones 4-Copy Boxed Set


Fred Vargas
Die Nacht des Zorns

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