Arbeit

Freitag, 19. Februar 2010

Die andere Seite

In den letzten Wochen halte ich mich des Öfteren in einem Lehrerhaushalt auf und hatte das Vergnügen, auf Haufen von noch unkorrigierten Deutsch- und Politikklausuren zu stoßen. Beim Durchblättern und in Kombination mit der Einladung zum Zehnten Abiturjubiläum werden wieder Erinnerungen wach, und ich grübele seitdem, ob mein Gedächtnis mich täuscht, ob vor zehn Jahren wirklich alles anders war oder es an den oft zitierten unterschiedlichen bundeslandabhängigen Leistungsniveau liegt.

4 halbe Seiten bei einer zweistündigen Klausur in der gymnasialen Oberstufe als Endprodukt? Das kommt mir so ungeheuer wenig vor! Ich wüßte aber auch nicht genau, wie viel ich damals geschrieben habe.
Eventuell hängt das damit zusammen, dass die armen Oberstufler immer noch mit Hand schreiben müssen, da kann man ja gar nicht so viel Text produzieren, wie man es von einer Tastatur gewohnt ist. Ich frage mich, wann das abgeschafft wird mit dem händischen Schreiben; das braucht man im späteren Leben doch nie, nie wieder. Immerhin habe ich bei Durchsicht der Klausuren beobachtet, dass meine Handschrift unterer Durchschnitt ist und nicht, wie bisher gedacht, die letzte Sauklaue der Welt. Schlimmer geht immer! Und wie! Ich bin beeindruckt!
Es ist eine interessante Erfahrung, das Schülersein von der Lehrerseite aus zu sehen. Meine Schulzeit war sehr zwiespältig gewesen, und die Lehrerschaft an sich ein absolutes Mysterium, mit dem ich weiter nichts zu tun haben wollte. Ich finde backstage-Bereiche einfach nicht besonders interessant, wenn ich einem Schauspiel folge. Wenn ich jetzt allerdings Aussagen höre wie "Es ist leichter, wenn man manche Schüler mehr mag als andere, als wenn man sie gar nicht leiden kann" oder "Sie haben mich gefragt, ob ich skate, weil ich diese Schuhe und diese Mütze trage. Ts!" oder "Das Lehrerzimmer ist ein Hort der Erotik", wird mir ganz anders. Lehrer sind auch nur Menschen! Das habe ich vierzehn Jahre lang nie so gesehen, und eigentlich wollte ich das gar nicht wissen.

Doch das Schauspiel ist schon lange her, manche Lehrer dann doch so großartig, dass man sich das mit der Erotik im Lehrerzimer immerhin ansatzweise vorstellen kann, und mit der gnädigen Erlaubnis des Hausherrens saß ich eine halbe Stunde mit gezückten Rotstift vor dem Klausurenhaufen und korrigierte lustvoll Rechtschreibfehler. Das war ein schöner Tag.

Donnerstag, 18. Februar 2010

Blöder Effekt

Dieses krasse Kantinenessen mit Mehlschwitzensauce löst immer so einen furchtbaren Hunger nach Schokolade aus...! Gut, dass ich heute zum Pilates gehe, da kommt alles wieder runter. Oder auch nicht.

Denn wenn der Kurs genauso wenig schweißtreibend ist wie "Stretching und Entspannung", sehe ich schwarz. Dort wurden beispielsweise geschlagene vier Minuten die Hände gestretcht. Die Hände! Es hätte mir zu Anfang der Stunde zu denken geben sollen, dass alle Teilnehmerinnen offene Haare hatten, das sah schon nicht so recht nach Kreislaufanregung aus. Am Ende der Stunde wünschte ich mir, dass ich einen Pullover mitgenommen hätte, weil ich so ausgekühlt war. Und dass die Trainerin aufhört zu reden, damit ich auf meiner Matte weiterdösen kann.

Mal sehen, was für eine harte Nummer Pilates wird, ich habe da keine Erfahrung - aber schon mysteriöse Andeutungen über das "Powerhouse" gehört.

Montag, 15. Februar 2010

Was für das Auge

So lästig Besprechungen oder Sitzungen auch sein können, so interessant werden sie, wenn sie mit Personen stattfinden, die man sonst nie treffen würde. Exemplarisch am letzten Freitag, als ich in einer behördenübergreifenden Sitzung saß, an der auch Vertretungen von freien Trägern teilnahmen. Der SozialpädagogInnen-Anteil am Tisch war enorm hoch und somit auch die Anzahl von praktischen Schuhen, Wollsocken, bunten Flatteroberteilen bei den Damen und zerknautschten Rollkragenpullis bei den Herren. Am liebsten hatte ich den Herren von der Sozialbehörde, der eine unheimlich junge Stimmer hatte, so dass ich jedes Mal irritiert war, wenn ich hochschaute und seine stolze Glatze ins Auge fiel, umkranzt von einigen spärlichen weißen Haaren. Dazu besitzt er eine geradezu geometrisch karierte Stirn. Ich war beeindruckt, so etwas habe ich noch nie gesehen. Er war auch textil bemüht und trug ein Jackett, das farblich nicht zu seinen Wollsocken passte, die aus seinen Lederslippern herausschauten.

Konträr dazu der Vertreter der Wirtschaftsbehörde. Bei ihm war einfach alles geometrisch, vor allem sein Scheitel, und später stellte sich heraus, dass er auch noch Jurist ist. Und der Höhepunkt, thronend an einer zentralen Stelle des Tisches (zugegeben war der Tisch rund, aber der Mann machte seine Position durch seinen Anblick zu einer zentralen): der Vertreter der Polizei, in einer schmucken Uniform. Sehr schmuck. Extrem schmuck. Man konnte kaum wegschauen. Nein, ich stehe nicht auf Männer in Uniformen, aber der vorletzte Innensenator ganz offensichtlich. Hui! Die Innenbehörde wird für mich immer mehr zu einem mythenbehafteten Ort, an dem die wunderlichsten Dinge geschehen.

Inhaltlich wurde übrigens auch gearbeitet. Und ich weiß, dass ich auch mental an meinem neuen Arbeitsplatz angekommen bin, seit ich Witze über Akten und Ablagen mache und diese tatsächlich komisch finde. Wenn ich anfange, das auch privat zu tun, möge mich jemand sanft schlagen!

Sonntag, 31. Januar 2010

Irrwege erhöhen die Ortskenntnis

In dieser Behörde würde sich wohl jeder verlaufen. Ich persönlich gehe im (sehr oft auftretenden) Zweifel einfach immer in den Innenhof, ab da finde ich mich zurecht. Das führte zu einer erhöhten Frequenz von kleinen Spaziergängen, aber immer noch besser als stundenlang durch die Flure zu irren.

Ich verstehe also die Nöte der Passanten. Aber mit einem Navigationsgerät durch die Gänge zu eilen finde ich nun doch etwas übertrieben. Vor allem lügt das Ding: "Nach dreihundert Metern rechts abbiegen..." Soo lang sind die Flure nun auch wieder nicht.

Donnerstag, 21. Januar 2010

Wieder was gelernt

Die letzten beiden Tage habe ich in einer Fortbildung zum Content Management System meiner Arbeitgeberin verbracht. Da diese Schulungen nicht allzu oft angeboten werden, landete ich in einer Veranstaltung, die nur die Innenbehörde gedacht war. Das interessante Ergebnis: ich saß mit zehn kernigen Männern um die 40 Jahre, die eindeutig alle einen polizeilichen und/oder nerdigen Hintergrund hatten, in einem sehr kleinen Raum und genoß die recht schneidige Atmosphäre.

Am Schönsten waren die gemurmelten Bemerkungen, die trotz aller preußischen Tugenden von einer gesunden Distanzierung gegenüber den Staatsoberhäuptern zeugten. Nur ein paar Beispiele.

- Es wurden gemeine Bemerkungen über meinen Senator und meine Behörde gemacht, da ich die einzige Vertreterin der Justizbehörde war. Despektierlich geradezu. "Der ist ja allgemein nicht sooo bekannt." - "Viele Autogrammwünsche gehen sicher nicht für ihn ein."
Ich wurde fast schon etwas maulig, das ist ja eine Frechheit. Ich habe ein ganz anderes Bild von meinem Senator. Immerhin geht er fast in Elternzeit! So quasi! Und er ist das Oberhaupt der zweiten Gewalt (glaube ich. Ich bekomme das mit der Gewaltenteilung noch nicht aus dem Handgelenk hin und bin gerade zu faul, es nachzuschauen, also ohne Gewähr). Aber ich konnte mich trösten - kaum war die Stimmung etwas lockerer, wurde auch das eigene Oberhaupt und Arbeitsgebiet verunglimpft.
- Gedränge um den Kaffeetisch, ich schleiche elegant um einen molligen Mitarbeier der Innenbehörde herum, um abwechselnd an Kaffee, Milch und Zucker zu kommen. Er: "Oh, Entschuldigung. Ich muss immer im Mittelpunkt stehen. Das ist der Kater in mir."
Den Spruch muss ich mir unbedingt merken. Wenn sogar ich juchzend zu meinem Platz zurückkehre und mich leicht angeflirtet fühle, dann ist der gut. 'Das fordert ja geradezu heraus zu Antworten, die mit streicheln, kraulen, schnurren, füttern etc zu tun haben.
- Schulungsleiter (malt ein Strichmännchen an die Tafel): "So, hier haben wir ein jpeg-Bild. Nehmen wir an, es ist Ihr Senator." Aus dem Hintergrund: "Nee, das kann nicht sein. Der ist nicht so dünn."
- selbes Thema, selbes Bild. Schulungsleiter: "Wenn Sie das Bild nun im Querformat einsetzen, dann kann es passieren, dass dem Senator der Kopf abgeschnitten wird." Aus dem Off: "Oh. Dann werden wieder Fingernägel ausgerissen."

So, nun aber an die Arbeit - das Gelernte umsetzen.

Donnerstag, 14. Januar 2010

...

Bei genauerem Nachdenken finde ich es immer noch erstaunlich und kann mein Glück kaum fassen, dass ich mit einem Abschluss in Geisteswissenchaften mit einem orchideenhaft anmutenden Schwerpunkt tatsächlich einen wundervollen Berufseinstieg in eben diesem Schwerpunkt und einen daraufhin folgenden Karriereschritt gemacht habe und bisher nur läppische sechs Wochen arbeitslos war. Dazu kommt, dass ich mein Studium komplett selbst finanziert habe und noch einen Magister-Abschluss habe. Ja, merkt auf, ihr jungen Dinger! Das sind diese Abschlüsse, in denen man sich alle Veranstaltungen noch selbst aussuchen konnte und Wert auf die Vermittlung breiten Wissens und selbstständigen Denkens gelegt wurde.

Es ist eine karriere (extra klein geschrieben, weil meine Laufbahn noch nicht so lang ist), wie sie im Bilderbuch steht. Sehr FDP-gefällig - jeder kann es schaffen, der Willen muss nur stark genug sein, man muss sich halt anstrengen. Ich werde eventuellen Nachwuchs damit ständig nerven á la: "Wieso willst du Geld? Ich habe mir auch selbst alles erarbeitet!"

Die Kurzbeschreibung meiner Vita geht so: Nach dem Abi habe ich ein Jahr als Text-Trainee in einer Werbeagentur gearbeitet und schnell erkannt, dass ich für eine 40-Stunden-Woche noch zu jung bin. Für ein Germanistik-Studium hat mein Abi-Schnitt nicht gereicht, also fing ich ein Soziologie-Studium an, welches ich zunächst mit Kellnern und Kindergeld finanzierte. Nach einem Jahr wechselte ich ins Call Center. Auslandsaufenthalte oder Praktika waren mit einem Arbeitspensum von 20 Stunden wöchentlich nicht drin, aber das Studium bekam ich einigermaßen auf die Reihe. Es erschien mir auch nicht besonders anstrengend - die Arbeit war okay, das Studium machte Spaß, die Zeit war relativ frei einteilbar.
Ein Pflichtpraktikum musste ich dennoch machen, und wenn es mich auch sehr unter Stress setzte, ergatterte ich einen Teilzeit-Praktikums-Platz. Ich musste ja noch Geld verdienen. Nach dem Praktikum wurde ich als studentische Honorarkraft eingestellt, hatte also auf einmal zwei Jobs und noch eine Magisterarbeit an der Backe. Da wurde es dann doch etwas anstrengend, aber auch das klappte so weit. Als erfolgreiche Studienabsolventin hatte ich dann schon vor meiner Abschlussprüfung meinen ersten Job in der Tasche, nämlich bei besagten feministischen Träger, bei dem ich vorher Praktikum und Job absolviert hatte. Da es dort kaum auszuhalten war, wie aufmerksame Leser vielleicht mit verfolgten, wagte ich trotz Wirtschaftskrise die Kündigung und bewarb mich letztendlich erfolgreich vor allem im Öffentlichen Dienst. Nach drei Monaten muss ich sagen: Es ist mein Traumjob. Rein beruflich habe ich alles erreicht, was ich wollte, bevor ich überhaupt wusste, was ich wollte... ich muss mir neue Ziele setzen. Huh. Und es fällt mir nichts ein außer dem klassischen "In fünf Jahren eine Führungsposition"...

Mittwoch, 6. Januar 2010

Geschlechterbeauftragt

Und da sage einer, Behördenarbeit hat keine erotischen Aspekte.

Zwischen den Jahren habe ich mich in einem meiner neuen Arbeitsgebiete eingearbeitet, welches im stadtstädtischen Koalitionsvertrag so formuliert wird: "Einrichtung eines befristeten runden Tisches zum Thema ‚sexuelle Dienstleistungen’, der ein kooperatives Konzept zur Umsetzung des Prostitutionsgesetzes erarbeitet, niedrigschwellige Ausstiegshilfen diskutiert und Abhängigkeit von Zuhältern bzw. selbstständiges Arbeiten entwickelt."

Kollege schuffelt mit Kaffee rein, wünscht frohe Weihnachten und fragt: "Und was machst Du heut den ganzen Tag so?" Ich, wild beschäftigt: "Sexarbeit!"

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Weihnachtsfeier

Das finde ich eine interessante Politik: meine Behörde lädt um 12 Uhr mittags zum Weihnachtsumtrunk und schenkt Glühwein mit Alkohol aus! Na ssso wasss. Der Senator selbst stellt sich auf eine Freitreppe, hält eine ziemlich launige kurze Ansprache und verkauft sich mal wieder erfolgreich als Senator des Volkes, der viel zu jung für den schicken Anzug ist, in dem er steckt. Danach kam er justamente zu meiner Gesprächsgruppe, die sich aus meiner frisch eingestellten Abteilung zusammensetzte. 'Natürlich wusste niemand, was man zu einem Senator sagt, unsere Chefin war weit weg - so kam es unweigerlich zu peinlichen Gesprächspausen, die tapfer mit Glühwein bekämpft wurden. Hicks. Und so soll man jetzt arbeiten... Also, der Tee schmeckt irgendwie auch fade nach so einem ordentlichen Schluck Weihnachtsstimmung...

Montag, 30. November 2009

Chefin mal anders

Mein jetziger Arbeitsplatz ist mit meinem vorherigen nicht unbedingt vergleichbar. Die Arbeitszufriedenheit ist ganz enorm bis jetzt, damit fängt es an.

Dann gibt es auch noch ein recht professionelles Arbeitsklima, in dem nicht alles emotional abgehandelt, kommentiert und beschrieen wird. Gespräche über das Privatleben finden eher vereinzelt bei Gelegenheit statt, was sehr erholsam ist, vor allem, wenn das Privatleben gerade unerwünschte Umbrüche erleidet.

Umso schockierender war es, als ich die Fotos der aktuell stattgefundenen Tagung vom Apparat auf den PC ziehen wollte und feststellte, dass es sich um den Fotoapparat meiner Chefin handelte. Der Anblick von Bildern offensichtlich privater Natur ließ sich nicht vermeiden und brachte neue Erkenntnisse. Die Dominanz von Kanarienvögel-Fotos war geradezu erschreckend; dazu weiß ich jetzt, wie ihr Mann aussieht (ist abgenickt) und wie es so ist, wenn man seine Chefin neckisch hinter Bäumen versteckt abfotographiert erlebt.

Memo an mich: die Dienststelle braucht einen eigenen Fotoapparat.

Freitag, 27. November 2009

Wichtig, wichtig

Meine Visitenkarten sind gerade gekommen! Ja, merkt auf, meine Schergen!

Ich hätte ja nicht gedacht, dass das so ein Hochgefühl verursachen kann, viel besser als Shoppen. Mir wird immer klarer, warum das männliche Geschlecht originär die Macht gewählt hat und den Frauen versucht einzureden, dass Kinder betreuen, einkaufen, kochen, sich nackt für den Playboy ausziehen genauso erfüllend sein kann wie Statussymbole und Wirkkraft.

Na ja, jetzt komme ja ich.

Mein Lesestoff


George R. R. Martin
Game of Thrones 4-Copy Boxed Set


Fred Vargas
Die Nacht des Zorns

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